Der Wald

"Einen Namen, ja, nur hast du ihn mir nicht gesagt. Und solange bist du einfach.. Katze. Oder Kätzchen." erzählte der Vampir und grinste leicht. Sein Blick glitt zur kleinen Blume, die er in der Hand hielt. Und just im Moment ballte er eine Faust und zermalmte somit das Blümchen. Was hältst du eine beschissene Blume in der Hand? Bist du schwul oder wie siehts aus? Fynn verzog den Mund. "Hat dein Freund sie dir vorgesungen, gespielt, what ever?"

Nozomi sah ihn verbittert an.
"Ich hab keinen Freund!"
Einsamkeit.. Langeweile.. ,
dachte sie bedrückt, ließ es sich aber nicht anmerken.

"Ach, so ist das." Fynns Blick richtete sich gen Himmel. Langsam wurde es Nacht und das Himmelszelt dunkler. Bald würde man die glitzernden Sterne sehen. "Und warum nicht?" Eine fiese Frage. Meist musste man sich selbst einschätzen. Oder man reagierte nur mit Ablehnung. 'Geht dich nichts an!' oder sowas. Bei der Katze würde es ihn nicht wundern, wenn sie mit diesen Worten ankommen würde.

Die Katze verstummte.
Sie sah in den Himmel hinauf.
Nach einer Weile wandte sich Nozomi zu Fynn und sagte mürrisch:
"Wieso glaubst du, sollte ich dir das erzählen? Ich kenn dich gar nicht!
Nicht mal deinen Namen hast du mir gesagt."
Sie sah ihn mit einem starren Blick an.

"Ich weiß nicht." gab der Vampir zu. Die Frage kam ihm eigentlich nur so in den Sinn und dann in den Mund. Es hatte keine Bedeutung.. aber irgendwie doch. "Was solls!" Fynn fuhr sich mit der Hand durch die braunen Haare und seufzte leise. Langsam merkte er den Hunger. "Du hast mir auch keinen Namen gesagt."

"Nozomi..", murmelte sie leise
und starrte zu Boden.
"Nozomi Kaede..
Oder auch Hope.."

"Nozomi. Schöner Name." kommentierte der junge Mann. Er beobachtete ihre Mimik, dann lächelte er. Jedoch nur für den Bruchteil einer Sekunde. "Hope? Warum das?"

Eine sanfte Brise wehte nun.
"Meine Eltern hatten immer die Hoffnung, dass
wenigstens ich, ihre einzige Tochter, später auch zu
einer manierlichen Dame werde... Aber bei acht Brüdern
ist das nicht so leicht. Meine Eltern hatten nie genug Geld,
um mir irgendwelche hübschen Sachen zu kaufen, deshalb musste
ich immer die Sachen meiner Brüder tragen. Meine Eltern
mussten sich sehr viel um meine Brüder kümmern, obwohl ich
die Jüngste war. Meine Brüder benahmen sich immer wie kleine Babys.
Ich war oft allein und hatte nie richtige Freunde..", erklärte sie mit einer
leisen Stimme.
"Ich konnte ihre Hoffnungen nie erfüllen. Aber das ist mir eigentlich
egal! Ich brauche keine Familie, um glücklich zu sein. Ich brauche niemanden."

"Acht Brüder?" wiederholte der Kerl ungläubig und seine Augen weiteten sich vor Verwunderung ein wenig. Da kann ich mit meinem Bruder nicht viel mitreden. "Das ist echt hart. Sich da zu behaupten.." Irgendwie war die Vorstellung, ein Mädchen unter 8 Buben recht lustig. Wer da wohl immer den Kürzeren zog? ..Hope anscheinend. "Interessante Geschichte. Wenn auch ein wenig.. traurig?"
Fynn spürte einen Tropfen auf seiner Nase, dann hob sich sein Kopf. Der Himmel war grau und mit Wolken behangen. "Du brauchst niemanden? Das glaube ich dir nicht."

Nozomi sah ihn mit einem nichtsaussagenden
Blick an.
"Ich brauche niemanden..", wiederholte sie leise.
"Ich hab meine Melodie. Und mein Lied.", fügte sie im Flüsterton hinzu.

"Ach, ist das so?" Fynn konnte es dem Mädchen nun wirklich nicht glauben. Brauchte nicht jeder Mensch jemanden, damit er sich wohl fühlte? Doch wo er so darüber nach dachte - er hatte auch niemanden. "Gut, dann werd ich mal verschwinden! Man sieht sich, Kätzchen."
Mit schnellen Schritten verschwand der Vampir im Wald. Als er ein paar Minuten gelaufen war, weit weg von Nozomi, riss er ein Reh, sein Hunger wurde gestillt. Mit dem Handrücken wischte er sich das übrige Blut von den Lippen, ehe er sich aufrichtete und den Wald verließ.~

Nozomi sah dem Jungen hinterher.
Sie schüttelte den Kopf und seufzte.
Der war vielleicht merkwürdig..
Sie sah wieder zum Himmel hoch, wandte sich später aber dem Heimweg zu.

Wohnheim~