Die Kirmes

Chii's Lächeln verschwand in einem Mal. Die ganze Lust auf die restliche Zeit hier war verschwunden.
"Du..", fing sie an, seufzte zwischendrin und fuhr dann fort. "..Weißt du, das mit Papa.."

Lya verstummte sofort. "Ist Papa krank? Oder verreist?", fragte sie verwirrt.
Es war noch nie passiert, dass sich ihr Vater nicht vorher verabschiedet hatte. Oder dass er ihr nicht sagte, dass er krank
war. "Ist er im Krankenhaus?", fügte sie hinzu.

[>Is er überhaupt mal verreist gewesen? xDDD]

Chii schüttelte den Kopf. "Verdammt, wie soll ich ihr das sagen?"
"Weißt du, zwischen mir und Papa.. hat einiges nicht geklappt." Ihr Blick lag jetzt im Himmel. "Also, was ich damit sagen will.." "Verdammt, ist das schwer."
Unruhig scharrte sie mit dem Fuß am Steinboden. Ein Mann warf ihr einen komischen Blick zu, deshalb winkte ihm Chii und grinste dann. "Tja, wenn man eben so blöd guckt."
"Papa ist weg. Einfach so."

Lya musterte ihre Mutter aufmerksam. Irgendetwas stimmte da nicht. "Papa ist weg. Einfach so."
Die 5jährige ließ sich den Satz mehrmals durch den Kopf gehen, nur um jedes Mal ein wenig mehr die Stirn zu runzeln.
"Wo ist er? Und wann kommt Papa wieder?", fragte sie nach ein paar Augenblicken verwirrt. Also war er doch verreist.

Chii seufzte. Lya hatte also nicht verstanden.. "Sie ist Fünf. Wie kann sie das auch verstehen?"
"Kleine, gar nicht mehr.."

Lya sah ihre Mutter mit großen Augen an. "Aber.. aber.. er muss doch.", stammelte sie hilflos. Eine einzelne Träne
lief über ihr Gesicht, "Er.. muss!" Aus der einen wurde immer mehr. Sie schluckte schwer. Sie schlang ihre Arme
um Chii.
"Papa..", schluchzte sie leise.

Chii beugte sich sanft zur der Kleinen hinunter, tätschelte ihr beruhigend den Kopf und legte einen Arm um sie.
"Ist schon gut, Lya." "Dein Vater hat dich im Stich gelassen." "Bestimmt kommt er nochmal um dich zu sehen."
"Und nicht mich, da wir uns ja jetzt hassen."

Plötzlich richtete sich Lya auf. Sie wusste selbst nicht weshalb, aber plötzlich hatte sich ihre Stimmung gewandelt. Sie schluckte ein letztes Mal, dann sagte sie mit leicht zitternder, aber doch klar zu verstehender Stimme: "Ich möchte ihn aber nicht mehr sehen!"
Er hatte sie zurück gelassen, nicht sie ihn. Es bestand kein Grund zur Trauer. Die ewigen Streitereien waren vorbei. Sie konnten nun ein glückliches streitfreies Leben führten. Sie lächelte leicht. Seltsam..
Sie sah wieder hoch. Gänzlich konnte sie die Tränen nicht stoppen, ab und zu flossen sie ihr weiterhin über das Gesicht. Auch die Trauer konnte sie nicht ganz verbannen. Aber es war ein Anfang.
Die Trauer hatte einem anderen Gefühl Platz gemacht: Wut, Hass.

Noch einmal strich sie ihrer Tochter über den Kopf. "Lya.." Natürlich würde Chii versuchen sie zu beschwichtigen.
"Er ist wegen mir gegangen, nicht, weil er dich nicht liebt. Unterstell ihm nichts falsches."
"Doch, tu das! Tu das liebend gerne!"

"Ich unterstelle ihm nichts falsches.", erklärte sie langsam, "Er hat uns zurück gelassen. .. Und uns im Stich gelassen. Das
ist nichts weiter als die Wahrheit." Sie wischte sich ungeduldig mit dem Handrücken über die Wange. Dies dämlichen
Tränen! Wir sind besser ohne ihn dran!

Chii schwieg. Sie wusste nur zu gut, dass ihre Tochter Recht hatte. Viel zu gut.
"Das passte schon immer zu ihm."
Ein letztes Mal strich sie über ihren Kopf, lächelte dann schwach. "Wir beide schaffen das auch alleine."

Lya lächelte leicht. "Wir brauchen ihn nicht.", stimmte sie Chii zu und griff nach der Hand ihrer Mutter.
Plötzlich hatte sie eine Idee. "Sind.. seine Sachen noch im Haus?", fragte sie nachdenklich, "Wir packen sie in eine Kiste
und bringen sie in den Keller!"
Und dann fiel ihr noch etwas ein. Sie würde ihn nie ganz aus ihrem Leben bringen können.. Sie hatte seine Ohren.
Katzenohren. Unwillkürlich griff ihre Hand nach ihnen.

"Ich weiß es nicht." Dazu zuckte sie noch mit den Schultern. "Wir können ja nachschauen."
Lya's Handlung fiel ihr natürlich auf. Sie schnappte sich ihre Hand, grinste dann.
"Die Ohren machen dich zu was besonderem. Also lass sie so wie sie sind." "Ikoto ist Vergangenheit, Lya wird meine Zukunft.."
"Und jetzt machen wir noch irgendwas spaßiges. Auf was hast du Lust?"

"Aber sie sind von ihm!", murmelte sie leise und deutete auf die Ohren. Dann seufzte sie leise und nickte.
"Ich werde sie so lassen, wie sie sind..", gab sie nach. Geht auch gar nicht anders..
Ihr Blick schweifte abermals kurz über die Fahrgeschäfte, dann lächelte sie leicht und nickte.
"Wir könnten..", sie hielt kurz inne, ".. Ich weiß nicht, Mami. Was möchtest du machen?"

"Ich weiß nicht, Mami. Was möchtest du machen?" Chii imiterite die Stimme ihrer Tochter, lachte am Ende dann leise.
"Keine Ahnung. Deshalb frage ich dich ja."

"So sprech' ich doch gar nicht!", protestierte sie, grinste am Ende aber doch, "Und mir fällt auch nichts ein,
deshalb frage ich dich!"

"Besser schaff' ichs aber nicht!", meinte Chii und stimmte in ihr Grinsen mit ein. "Ich gebe die Frage an dich zurück."
"Wie kleine Kinder. Naja, sie ist auch eines."

"Dann musst du wohl noch üben!", noch immer grinste sie, "Aber mir fällt absolut nichts ein.."
Wieder ein Moment Schweigen, dann lächelte sie triumphierend.
"Wir kochen. Zusammen im Haus.", erklärte sie fröhlich, "Okay? Aber du musst aussuchen, was!"

"Na gut.", stimmte Chii ein. Sie lächelte, als sie nach der Hand ihrer Tochter griff und die beiden sich aufmachten.~